Ein Essay von Karin Jansen
Gedanken und Fakten über das größte Fest im christlichen Abendland und seine Bräuche -
Für ein tierleidfreies Ostern
Ostern: Das größte Fest im christlichen Abendland ist –wie die anderen christlichen Feste auch – hierzulande vor allem ein großes Fest des Geschäfts. Das wissen wir sehr wohl und manch einer verdient gut daran. Und warum sollen wir uns nicht an dem Geschäft mit den vielen bunten Farben, Blumen, Sträuchern und Fruchtbarkeitssymbolen erfreuen und uns so auf die Frühlingszeit nach einem mehr oder weniger langen Winter einstimmen?
Dass sich das religiöse Osterfest mit den heidnischen Brauchtümern um den Frühlingsbeginn verbunden hat, war von Anfang an durchaus im Sinne der Kirchenväter und bewährt sich auch für die Kirche in unserer säkularisierten Welt. So steht Ostern als großes Fest in der gesamten Gesellschaft alljährlich auf der Agenda, auch wenn die Karwoche mit dem Gedenken an die Kreuzigung Jesu Christi im Trubel des Ostergeschäftes oder mit der Aussicht auf ein langes Wochenende, das sich gut für eine kleine Reise nutzen lässt, vergleichsweise nur noch wenige Menschen berührt. Das ist bedauerlich und zeugt von dem vielfachen Mangel an Mitgefühl und verbreiteter Gleichgültigkeit in unserer Kultur, vielleicht auch von der allgemeinen Überarbeitung der Menschen.
Andachten oder gar Prozessionen zum letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern und seinem grauenhaften Leidensweg sind Rituale, die noch hier und da unter praktizierenden Christen lebendig sind. Sie enden in dem Gedenken an die menschenverachtende Marter am Kreuz … und schließlich in der Freude und in dem Wunder über die Wiederauferstehung Jesu – soweit die Kirchenvertreter diese Riten nicht nur obligatorisch herunterlesen. Jesus wäre jedenfalls nicht Jesus, wenn er nicht wiederauferstanden wäre.
Eine stille Woche zum Innehalten täte unserer Gesellschaft gut
Wir täten gut daran, uns die Polarität der Karwoche mit dem anschließenden Osterfest wieder bewusst zu machen und auch auf die Schattenseiten unserer Tage zu schauen, unabhängig von irgendeiner Konfession oder auch konfessionslos. Noch bis in die 1950er Jahre hinein galt übrigens in vielen Teilen Deutschlands die Woche vor Ostern als „stille Zeit“, in der es keine öffentlichen Vergnügungen geben durfte. Doch so viel Besinnung und innere Einkehr ist in unserem modernen, hektischen Leben nicht mehr möglich und nur wenigen erträglich oder verständlich. Heute sind wir – und noch mehr seit dem letzten Jahr – mit den weltweit notleidenden Opfern von Hunger, Krieg und Zerstörung und Flucht konfrontiert und es zeigt sich, wie gespalten und ängstlich die europäischen Gesellschaften auf so viel Leid reagieren.
Doch wir müssen nicht erst auf Kriege und Flüchtlinge schauen, um das Leid und das Unrecht zu sehen, die uns umgeben. Schauen wir mal auf das, was unser täglich Brot ist: Die hauptsächlichen Ingredienzien des Osterfestes bestehen aus vielen bunten Hühner- und Schokoeiern, aus Schoko-Häschen, aus niedlichen Küken und Kaninchen, die Schaufensterdekorationen, Servietten und Tischdecken zieren und die uns in der Werbung allerorts herzig und frohgemut entgegenschauen. Als Ostermenü werden in den Discountern leckere filetierte Lammrücken dargeboten, angelehnt an den alten Brauch des Osterlamms. Dieses musste ursprünglich nach jüdischem Glauben zum Passah Fest Gott geopfert werden, aber später durften, ja mussten die Gläubigen es selbst essen.
Aber was spielt sich im zumeist nicht sichtbaren Hintergrund ab? Wie steht es um das Leben der Legehennen, der Kaninchen, der Lämmer, die mit ihren Eiern und ihrem Fleisch zu Billigpreisen massenhaft auf den Markt geschleudert werden? Und wie sieht es bei den Bio-Tieren aus?
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Unser täglich Fleisch gib uns heute?
Die offiziellen Kirchen haben das Fleischessen immer gepflegt und gutgeheißen. Inwieweit das von Jesus und den Urchristen gesagt werden kann, ist zu Recht strittig und soll hier nicht erörtert werden. Aber schon vor Jesu Zeit gab es in der Antike Vegetarier aus tierethischen und religiösen Gründen. Pythagoras gilt als Vater des europäischen Vegetarismus, den es latent in allen Jahrhunderten immer wieder gab, wie wir durch die Aussprüche verschiedener historischer Persönlichkeiten wie z. B. Leonardo da Vinci wissen, der das Töten von Tieren als Mord bezeichnete und das Essen von Tierfleisch verabscheute.
Die Kirchen waren von Beginn an und sind mit ihrer klaren Haltung für das Tieropfer und für das Schlachten von Tieren nicht unschuldig daran, dass der Fleischkonsum in der christlich geprägten Hemisphäre allgegenwärtig üblich ist und daher selten hinterfragt wurde.
Heute im Zeitalter der Massentierhaltung bietet sich uns ein ganz besonders schauderhaftes Bild und es geht nicht mehr nur um das Töten der Tiere um ihres Fleisches willen, es geht um die gnadenlose Degradierung der Tiere zum reinen Produktionsfaktor in einer hochgradig durchrationalisierten Tierindustrie, die nur so viel Rücksicht auf die Tiere nimmt, wie es für den lohnenden Verkauf notwendig ist und das ist sehr wenig und bedeutet millionen- und milliardenfache Tierquälerei für die Schlachttiere.
Massenhafte Verstöße gegen das Tiergesetz
Die Praktiken der Tierindustrie kommen jetzt mit den zunehmend verbreiteten Undercover-Aufnahmen und -Filmen über die früher tabuisierten Missständen in der Fleischindustrie ans Licht. Einige davon sind auch in den staph Blogs eingestellt. Aber auch die etablierten Medien zeigen zunehmend Berichte über die skrupellosen Praktiken der Tierindustrie und bringen sie somit in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, so dass das Thema endlich mit ersten Maßnahmen auch auf der Agenda der Politik steht. Denn viele Praktiken stellen klare Verstöße gegen theoretisch geltendes, aber nur selten umgesetztes Tierrecht, wo es heißt: „Keinem Tier darf ohne vernünftigen Grund Schmerz, Leid oder Schäden zugefügt werden.“
So hat Nordrhein-Westphalen als erstes deutsches Bundesland das Massentöten von männlichen Küken, die aus der Zucht der auf Eier-Hochleistung getrimmten Legehennen stammen verboten. Jährlich betrifft dies allein in Deutschland 40 Millionen Küken. Diese männlichen Küken rechnen sich für die allein auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtete Tierindustrie nicht und werden deswegen umgehend vernichtet, sofern sie von der Politik und den engagierten Menschen und Vereinen, die dahinter stehen, nicht davon abgehalten wird.
Ostern ohne Tierleid: Was sollte ich als Verbraucher wissen?
Wer ein tierleidfreies Ostern feiern möchte, greift am besten zu eiförmigen Obst und Gemüse, so mein Tipp als Veganerin. Es gibt inzwischen bunte kleine Tomaten, Oliven, Melonen oder Kiwis und in den vollen Auslagen unserer Geschäfte lässt sich sicher mehr entdecken. Das ist auch schön bunt, schmeckt und ist darüber hinaus sehr gesund. Wer selbst kein Tierleid verantworten will, sollte auf Hühnereier verzichten, insbesondere auf konventionelle. Hühnereier stammen fast immer von Hühnern aus Hochleistungsbetrieben, deren männlichen Brüder getötet wurden und ihr eigenes Leben sieht nicht viel besser aus. Denn immer gilt: Es zählt der Preis, ob für Ei oder Fleisch und dafür wird auf ein Hühnerleben keine Rücksicht genommen.
Und was ist mit den leckeren Schokoeiern und Schokohasen? Hier können wir doch wenigstens guten Gewissens zugreifen?
Leider nein. Soweit hier in Kürze: Industriell gefertigte Nahrungsmittel, in denen Palmöl enthalten ist, und das ist bei Schokolade fast immer der Fall, ist ethisch genauso wenig vertretbar wie die Missstände in der Tierindustrie. Für Palmöl werden Regenwälder gerodet und der Lebensraum seiner Bewohner und Bewohnerinnen – ob Mensch oder Tier – vernichtet.
Wie gesagt: Mit Obst und Gemüse kann man selten etwas falsch machen. Und viele der veganen Projekte und Vereine haben fleisch- und eifreie Rezepte zu Ostern zu bieten. Auch ein Besuch in einem veganen Laden, soweit vor Ort vorhanden, ist sicher eine interessante Unternehmung – vor und auch noch nach Ostern.